Es ist noch gar nicht so lange her, als sich der Nutzen einer starken dedizierten Grafikkarte in Programmen von Adobe wie Lightroom oder Photoshop in Grenzen hielt.
Im Großen und Ganzen war es eher egal, welche Grafikkarte genau im Computer verbaut wurde – solange es eine halbwegs gute dedizierte Grafikkarte war. Aber selbst die prozessoreigene GPU (On-Board Grafik) leistete hier schon einiges.
Inzwischen haben sich die Hardwareanforderungen von Lightroom allerdings ganz deutlich zugunsten stärkerer, moderner Grafikkarten verschoben. Nach dem folgenden Beitrag wissen Sie auch, warum!
Lightroom Classic, KI, Tensor Cores, Entrauschen und die Grafikkarte
Inhaltsverzeichnis
- Lightroom Classic, KI, Tensor Cores, Entrauschen und die Grafikkarte
- Folgendes Test-System kam für Lightroom zum Einsatz:
- Praxisrelevanz der Grafikkarte in Adobe Lightroom
- Spielt die Größe des dedizierten Videospeichers der Grafikkarte eine Rolle in Lightroom?
- Welche Grafikkarten sind kompatibel zu Lightroom Classic?
- Seit wann gibt Tensor Cores bei Nvidia?
- Haben Grafikkarten von AMD oder die M-Prozessoren von Apple Tensor Cores?
- Lightroom und GPU-Beschleunigung: Fazit und Nutzen von Tensor Cores
- Das könnte Sie auch interessieren:
Seit Adobe in Lightroom oder Photoshop KI- gestützte Filter eingeführt hat, gelten im Grunde neue Spielregeln. Natürlich nur, sofern Sie diese Funktionen nutzen wollen oder müssen.
Das ist allerdings wahrscheinlich. Denn unter diesen Funktionen sind auch Werkzeuge, die das Zeug zu einem echten Game-Changer haben und das Potential besitzen, ein fester Bestandteil von so manchem Workflow in Lightroom zu werden.
Genau diese Filter profitieren in der Praxis massiv von einer modernen Grafikkarte, die über eigens für KI-Berechnungen optimierte, spezielle Recheneinheiten verfügt. Diese Recheneinheiten nennt zum Beispiel der Grafikkartenhersteller NVIDIA Tensor Cores.
Eines dieser Werkzeuge ist das KI-basierte Entrauschen eines Bildes in Lightroom Classic.
Welchen Unterschied verschiedene Grafikkarten diesbezüglich in Lightroom haben können, haben wir exemplarisch an eben dieser KI-gestützten Rauschunterdrückung in Lightroom Classic getestet.
Rückschlüsse auf die Performance anderer KI-gestützter Filter, die auf GPU-Beschleunigung in Lightroom setzen, sind mit Vorsicht zu genießen, bieten sich aber natürlich an.
Der Ausgangspunkt ist folgender: Entrauschen mit KI mit und ohne Tensor Cores
Eine 24 MP große Fotografie (RAW-Datei, ISO 6400) soll mittels des KI-gestützten Entrauschen-Filters von Lightroom Classic bearbeitet werden.
Zunächst einmal haben wir diese Arbeit an ein Notebook mit Intel Core i5-Prozessor der sechsten Generation und leistungsschwacher integrierter Grafik übergeben. Das Ergebnis war ernüchternd. Lightroom gab die Berechnungszeit mit knapp 50 Minuten an. Für ein Bild wohlbemerkt.
Danach übergaben wir diese Aufgabe an eine ältere Workstation mit XEON-Prozessor und einer Nvidia Quadro K4200 4GB Grafikkarte. Diese GPU ist laut Adobe ebenfalls zu schwach und teilweise inkompatibel zu modernen Versionen von Lightroom oder Photoshop.
Gegenüber dem ersten Test zeigte sich dennoch eine ganz deutliche Leistungssteigerung. Nur knapp 10 Minuten brauchte das System für die Berechnung.
Danach wollten wir es genau wissen. Wie würden sich zwei verschiedene Grafikkarten, die laut Adobe kompatibel sind und über Tensor-Core verfügen, in einem ansonsten identischen Test-System schlagen?
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Folgendes Test-System kam für Lightroom zum Einsatz:
Intel Core i7-8700K, 64 Gigabyte RAM, Samsung 980 PRO 1TB SSD, Windows 10 Professional.
Einmal wurde mit einer Nvidia Geforce RTX 2060 6GB getestet (einer älteren Karte der unteren Mittelklasse), einmal mit einer Nvidia Geforce RTX 3080 Ti 12GB (bis vor kurzem noch ein High-End Modell). Beide Modelle verfügen über Tensor-Recheneinheiten (Tensor Cores).
Mit aufgeführt sind auch die beiden obengenannten Systeme, deren Grafikkarten laut Adobe zu schwach und / oder inkompatibel sind. Beide besitzen KEINE Tensor Cores.
Die spannende Frage war nun: was genau bringt denn nun der Einsatz moderner Grafikkarten mit Tensor Cores tatsächlich in Adobe Lightroom? Und bietet eine sehr potente Gamer-Grafikkarte vielleicht sogar nochmal einen spürbaren Vorteil?
Die Antworten auf beide Fragen fielen eindeutig aus!
So lange benötigten die vier Testsysteme für das Entrauschen (KI) eines 24 MP großen RAW Bildes in Adobe Lightroom Classic:
Intel Core i5-6300U, 16 GB RAM, Intel HD Graphics 520 | 50 Minuten |
Intel Xeon E5-1650 v3, 32 GB RAM, Nvidia Quadro K4200 4GB | 10 Minuten |
Intel Core i7-8700K, 64 GB RAM, Nvidia RTX 2060 6GB mit Tensor Cores | 15 Sekunden |
Intel Core i7-8700K, 64 GB RAM, Nvidia RTX 3080 Ti 12GB mit Tensor Cores | 3 Sekunden |
Mit der RTX 2060 6GB benötigte Lightroom gerade einmal 15 Sekunden, um die 24 MP große RAW-Datei zu entrauschen. Was für ein massiver Leistungssprung gegenüber der veralteten Quadro K4200 4GB!
Beide Karten trennen hier Welten!
Eine weitere Überraschung erlebten wir dann beim Wechsel auf die RTX 3080 Ti 12GB. Eine gewisse Leistungssteigerung hatten wir gegenüber der RTX 2060 6GB erwartet. Aber nicht eine so deutliche.
Mit der RTX 3080 Ti benötigte Lightroom Classic nur noch 3 Sekunden, um die 24 MP große RAW-Datei zu entrauschen. Das System arbeitete in diesem Fall also nochmal 5 mal so schnell!
Absolut bemerkenswert ist hier, dass dieses enorme Plus an Leistung ausschließlich der Grafikkarte geschuldet ist.
Der Grund hierfür ist in der höheren Anzahl der Tensor Cores der RTX 3080 Ti zu suchen. Diese rechnen zudem schneller als die Tensor Recheneinheiten der RTX 2060 .
Einfluss des Arbeitsspeichers:
Außerdem wollten wir wissen, ob die Kapazität des Arbeitsspeichers eigentlich relevante Auswirkungen auf die Berechnungszeit des Systems hat. Darum haben wir den Test noch einmal mit halbierten RAM durchgeführt.
Ein relevanter Einfluss ließ sich nicht feststellen.
Intel Core i7-8700K, 32 GB RAM, Nvidia RTX 2060 6GB | 15 Sekunden |
Intel Core i7-8700K, 32 GB RAM, Nvidia RTX 3080 Ti 12GB | 3 Sekunden |
Wir kamen auf exakt die gleichen Ergebnisse. Ob 32 oder 64 Gigabyte RAM verbaut waren, erwies sich als irrelevant.
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Praxisrelevanz der Grafikkarte in Adobe Lightroom
Welchen Nutzen in Lightroom hat eine moderne Grafikkarte nun aber in der Praxis tatsächlich?
Wie sehr sich die Wahl der Grafikkarte auf einen praktischen Workflow in Lightroom auswirken kann, zeigt sich, wenn wir folgendes, realistisches Szenario annehmen.
Eine Fotoserie von 100 Bildern wurde indoor bei schlechtem Licht und hohen ISO-Werten aufgenommen und soll via Stapelverarbeitung entrauscht (KI-Filter) werden.
So lange benötigen die vier Testsysteme dafür:
Intel Core i7-6300U, 16GB RAM, Intel HD Graphics 520 | 3,4 Tage Test nach 5 Stunden abgebrochen. |
Intel Xeon E5-1650 v3, 32GB RAM, Nvidia Quadro K4200 4GB | 16 Stunden |
Intel Core i7-8700K, 64GB RAM, Nvidia RTX 2060 6GB | 25 Minuten |
Intel Core i7-8700K, 64GB RAM, Nvidia RTX 3080 Ti 12GB | 5 Minuten |
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Spielt die Größe des dedizierten Videospeichers der Grafikkarte eine Rolle in Lightroom?
In welchem Umfang und mit welchen Auswirkungen dies der Fall ist, können wir nicht sagen. Aber unser kurzer Test deutet darauf hin, dass die Größe des Videospeichers sicher eine Rolle spielt.
So war während der Berechnung bei der Geforce RTX 2060 der 6 Gigabyte große Speicher fast permanent voll ausgelastet. Bei der Geforce RTX 3080 Ti sah es etwas anders aus. 8-9 Gigabyte wurden belegt, die verbleibenden 3-4 Gigabyte standen dem Gesamtsystem weiterhin zur Verfügung.
Geforce RTX 2060 6GB | Vollauslastung. Die gesamten 6 Gigabyte des Speichers wurden belegt. |
Geforce RTX 3080 12GB | ca. 70-75 Prozent Auslastung. Von 12 Gigabyte wurden 8-9 Gigabyte benötigt. |
In der Praxis bedeutete dies, dass wir mit der Geforce RTX 3080 Ti in einem zweiten Testdurchlauf neben der Lightroom-Berechnung ein hochaufgelöstes Video problemlos streamen konnten. Mit der Geforce RTX 2060 war dies nicht ohne Aussetzer im Video möglich und die Berechnungszeit für das Entrauschen verlängerte sich ebenfalls deutlich.
Auch die RTX 3080 Ti berechnete langsamer, aber nicht so massiv.
Ein dedizierter Videospeicher von mindestens 8 Gigabyte erscheint bei einer Grafikkarte, die für Lightroom verwendet wird, also in jedem Fall sinnvoll zu sein.
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Welche Grafikkarten sind kompatibel zu Lightroom Classic?
In diesem Punkt hält sich Adobe bedauerlicherweise traditionell eher bedeckt. Einen sehr wichtigen Hinweis geben Sie aber doch. Die Grafikkarte sollte mindestens 2000 Punkte im Videobenchmark von Passmark erreichen!
Was den dedizierten Videospeicher betrifft. empfiehlt Adobe 8 Gigabyte, als Mindestanforderung geben sie 2 Gigabyte an.
Leider gibt es auch Grafikkarten, die beide Anforderungen erfüllen, aber dennoch inkompatibel sind. Je älter die Grafikkarte ist, desto wahrscheinlicher ist eine Inkompatibilität.
Überraschenderweise macht Adobe überhaupt keine Angaben über Tensor-Recheneinheiten. Dabei sind eben diese, wir wir gesehen haben, für KI-basierte Filter der ausschlaggebende Punkt.
Wenn Sie auf der sicheren Seite sein wollen, sollten Sie Grafikkarten, deren Baujahr vor 2020 liegt, tendenziell eher meiden. Am besten setzen Sie auf eine Grafikkarte, die nicht älter als drei Jahre ist.
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Seit wann gibt Tensor Cores bei Nvidia?
Die Tensor Recheneinheiten von Nvidia wurden erstmals 2017 mit der Volta-Architektur eingeführt. Diese kam auf Mainstream-Karten aus der Geforce-Serie nie zum Einsatz. Die ersten Karten mit Tensor Kernen waren die sehr teure Tesla V100 für den Einsatz in Rechenzentren oder die teure Titan V.
Mit der Turing-Architektur im Jahr 2018 hielten Tensor Cores dann auch in der Geforce-Serie Einzug. Aus dieser Architektur gingen bekannte Karten wie die RTX 2060, RTX 2070 oder RTX 2060 hervor.
Im Umkehrschluss stellen wir an dieser Stelle fest:
Alle Geforce-Grafikkarten von Nvidia vor der Turing-Architektur können Ki-basierte Filter in Photoshop oder Lightroom im Vergleich nur unzureichend oder gar nicht beschleunigen! Die Unterschiede sind hier signifikant hoch!
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Haben Grafikkarten von AMD oder die M-Prozessoren von Apple Tensor Cores?
Auch AMD und Apple kennen Recheneinheiten, die Nvidias Tensor Cores ähneln. Sie heißen aber anders, und sind technisch auch nicht identisch.
Das Äquivalent zu den Tensor-Recheneinheiten bei AMD hört auf den Namen CDNA core, bei Apple auf Neural Engine.
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Lightroom und GPU-Beschleunigung: Fazit und Nutzen von Tensor Cores
Moderne Grafikkarten beschleunigen in bestimmten Anwendungsgebieten Lightroom Classic mehr als nur ein bisschen – sie ändern regelrecht die Spielregeln!
KI-unterstützte Filter, aber auch intelligente Masken, gewinnen wirklich massiv an Performance, wenn Sie Grafikkarten verwenden, deren Leistung den Anforderungen von Lightroom entspricht, kompatibel sind und über Recheneinheiten verfügen, die extra für KI-Berechnungen ausgelegt sind (Tensor Cores, CDNA Core, Neural Engine…).
Neu ist auch, dass sich die Mehrleistung einer potenten Grafikkarte gegenüber einer Grafikkarte der Einstiegsklasse in der Bildbearbeitung bei manchen KI-gestützten Filtern in Lightroom offenbar ganz deutlich bemerkbar macht.
Die Regel, nach es erst einmal nur wichtig ist, dass überhaupt eine dedizierte, kompatible Grafikkarte in Lightroom zum Einsatz kommt, gilt so nicht mehr.
Für Nutzer von modernen Versionen von Lightroom Classic oder Photoshop spielt in Zukunft die Wahl der Grafikkarte eine viel entscheidendere Rolle als bisher.
Unser Rat: Spielen KI-unterstützte Filter und Anwendungen in ihrem Workflow eine wichtige Rolle, sollten Sie tatsächlich eine möglichst starke Grafikkarte einsetzen, die kompatibel zu Lightroom Classic ist.
Das beste Preis-Leistungs-Verhältnis bieten Ihnen hier Mittel-Klasse-Karten der Geforce RTX 60er Serie von Nvidia – also etwa die RTX 2060, RTX 3060 oder RTX 4060.
Wenn Sie auf teure High-End Karten setzen, werden Sie, im Gegensatz zu früher, in Programmen wie Adobe Lightroom tatsächlich einen spürbaren Mehrwert feststellen.
Ob dieses Leistungs-Plus in einem guten Verhältnis zur erheblich größeren Investition in die Grafikkarte steht, hängt von Ihrem persönlichen Workflow ab. Je regelmäßiger Sie KI-unterstützte Filter in großem Umfang benutzen, desto eher ist das der Fall.
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